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Warum Künstliche Intelligenz die PR nicht ersetzen kann – und auch nicht sollte

Carina Eckl

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Warum Künstliche Intelligenz die PR nicht ersetzen kann – und auch nicht sollte

Letzte Woche hatte unser aller Freund und Helfer ChatGPT technische Probleme: Antworten kamen spät, ungenau oder gar nicht. Ein temporäres Problem – aber eines mit Symbolkraft. Denn genau in solchen Situation wird deutlich, worüber die Kommunikationsbranche seit Monaten diskutiert: Lässt sich Kommunikation vollständig automatisieren? Ist  PR angesichts rasend wachsender KI-Fähigkeiten überhaupt noch zukunftsfähig?

Auch wenn KI Pressemitteilungen formulieren, Themenclippings analysieren und Textvorschläge generieren kann, bleibt sie ein Werkzeug. Kommunikation ist kein rein technischer Prozess, sondern lebt von Beziehung, Reaktion, Verantwortung und ist damit zutiefst menschlich.

Der Kontext macht die Musik

PR funktioniert nicht im Vakuum. Sie ist eingebettet in gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Dynamiken. Ein kommunikativer Impuls kann heute Zustimmung erzeugen und morgen Ablehnung. Der Unterschied liegt nicht im Text, sondern im Kontext.

Künstliche Intelligenz arbeitet auf Basis von Wahrscheinlichkeiten. Sie erkennt Muster, aggregiert Inhalte, imitiert Stile. Doch sie interpretiert nicht. Ob eine Botschaft als glaubwürdig, passend oder klug empfunden wird, hängt von Nuancen ab, die kein Modell vorhersagen kann: politischen Stimmungen, kulturellen Codes, branchenspezifischen Eigenheiten, sozialen Spannungen. Diese Einschätzungsleistung bleibt dem Menschen vorbehalten.

Sprache ist mehr als Syntax

Sprache transportiert Haltung, Tonalität, Timing. Besonders in der PR. Ob in einer sensiblen internen Kommunikation, einer komplexen ESG-Positionierung oder einem Beitrag im Feuilleton: Relevanz entsteht nicht durch Grammatik, sondern durch Resonanz. Und Resonanz ist nicht berechenbar.

KI generiert „richtige“ Sprache, aber selten treffende. Ihre Vorschläge wirken oft generisch, entpersonalisiert und vorhersehbar. Deshalb sind gerade dort, wo Differenzierung zählt, wo Narrative erarbeitet und Bedeutungsräume geschaffen werden müssen, sind menschliche Autoren unverzichtbar.

Beziehungen lassen sich nicht programmieren

Ein zentrales Missverständnis in der Diskussion um KI in der PR ist die Vorstellung, Kommunikation ließe sich auf Content reduzieren. Doch Kommunikation ist keine one way streeet. Sie ist Beziehung. Zu Journalist:innen, Kund:innen, Partnern, zur Öffentlichkeit. Und Beziehungen entstehen nicht durch Daten, sondern durch Vertrauen.

Vertrauen braucht Erfahrung, Intuition, Fingerspitzengefühl. Wer dauerhaft sichtbar und glaubwürdig sein will, muss konsistent kommunizieren, zuhören, reagieren, manchmal auch schweigen. Kein KI-System kann ein ehrliches Gespräch ersetzen, ein kritisches Interview moderieren oder in einer Krise empathisch vermitteln. Hier zählt nicht nur, was gesagt wird, sondern wie, wann und von wem.

Kreativität entsteht nicht durch Wiederholung

Viele aktuelle KI-Anwendungen in der PR versprechen Effizienz: Texte schneller schreiben, Headlines optimieren, Beiträge automatisiert clustern. Und um manche Aufgaben schneller zu erledigen, ist sie mit Sicherheit hilfreich, aber sie kann keine echte menschliche Kreativität reproduzieren. Sie hilft, Prozesse zu beschleunigen, aber nicht dort, wo Ideen entstehen sollen.

PR lebt von Kreativität. Vom Mut, Dinge anders zu denken, neue Narrative zu entwickeln, überraschende Formate zu wählen. Innovation entsteht durch Widerspruch, durch Reibung, durch Irritation. Und dafür braucht es Menschen und vor allem unsere Emotionalität und Spontanität.

Verantwortung braucht Urteilskraft

Spätestens wenn es um ethische Entscheidungen geht, stößt KI an ihre Grenzen. Kommunikation spiegelt die Öffentlichkeit wider und trägt damit Verantwortung. Welche Themen werden in den Fokus gestellt, welche Perspektiven berücksichtigt, welche Risiken in Kauf genommen? Diese Fragen lassen sich nicht algorithmisch lösen.

Der verantwortungsvolle Umgang mit Sprache, Macht und Deutungshoheit kann nicht delegiert werden. Gerade in der Krisenkommunikation zeigt sich, wie sehr Urteilsvermögen, Erfahrung und moralische Klarheit gefordert sind. Wer hier auf automatisierte Prozesse setzt, riskiert nicht nur Reputationsschäden, sondern auch den Verlust von Glaubwürdigkeit.

Technologie als Werkzeug, nicht als Ersatz

Die Rolle von KI in der PR ist nicht zu unterschätzen. Sie kann repetitive Aufgaben übernehmen, Recherchen beschleunigen und unterstützen. Richtig eingesetzt, steigert sie Effizienz und schafft Freiräume. Aber sie ersetzt nicht das, was gute Kommunikation ausmacht: die Fähigkeit, komplexe Kontexte zu erfassen, Beziehungen aufzubauen, mit Sprache Wirkung zu erzeugen und Verantwortung zu übernehmen.

Die Vorstellung, PR ließe sich vollständig automatisieren, verkennt eine wichtige Tatsache: Kommunikation ist der Kern unserer (menschlichen) Gesellschaft. Sie braucht Menschen, die denken, fühlen, gestalten. Und das wird auch dann noch gelten, wenn ChatGPT immer einwandfrei funktioniert.

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